Etwa 166 Liter Kaffee wird jährlich pro Kopf in Deutschland konsumiert – damit belegt das braune Getränk hierzulande unangefochten Platz 1. Vor allem früh morgens ist die tägliche Tasse Kaffee für viele nicht mehr wegzudenken, um munter und energiegeladen in den Tag zu starten. Doch wie wirkt sich Koffein tatsächlich auf unseren Körper aus? Verhilft es uns wirklich zu besserer Konzentration? Diesen und anderen Fragen ging eine aktuelle Studie der amerikanischen Michigan State University auf den Grund.
Koffein hilft – doch die Menge macht’s
Dass Kaffee oder koffeinhaltige Getränke nur zu einem gewissen Grad helfen können, ist schon durch deren Wirkweise klar: Ermüdet der Körper, bildet sich vermehrt der körpereigene Botenstoff Adenosin. Genau dort setzt der Gegenspieler Koffein an: Es hebelt die Wirkung des Botenstoffes aus, indem es sogenannte Adenosin-Rezeptoren besetzt, die uns sonst immer schläfriger machen würden. Mit der Zeit werden aber mehr und mehr solcher Rezeptoren produziert, wodurch die Wirkung von Koffein immer mehr nachlässt. Somit würden nur noch immer höhere Dosen gegen die Müdigkeit helfen, wovon aufgrund der damit einhergehenden negativen Auswirkungen auf die Gesundheit allerdings strikt abzuraten ist.
Wirkung bis zu einem gewissen Punkt nachweisbar
Wie es aber genau um Fehlerraten im beruflichen Umfeld aussieht, untersuchten die Forschenden der Michigan Universität näher, indem 275 Personen verschiedene Aufgaben unter Schlafmangel und Koffeineinfluss erledigen mussten. Das Ergebnis: Bis zu einem gewissen Grad erhöhte sich die Aufmerksamkeit der Teilnehmer durch Koffein, was sich besonders bei leichten Aufgaben deutlich zeigte. Bei komplexeren Tätigkeiten hingehen versagte der Muntermacher merkbar: „Wir fanden heraus, dass Schlafentzug die Leistung bei beiden Aufgabentypen beeinträchtigte und dass die Einnahme von Koffein den Menschen half, die leichtere Aufgabe erfolgreich zu lösen“, bestätigt auch Studienautorin Kimberly Fenn.
Koffein kann Schlafmangel nicht ausgleichen
Dabei kommt es aber vermehrt zu prozeduralen Fehlern, die beim Erledigen von Tätigkeiten auftreten. Der Umstand, dass durch mangelnden Schlaf die Fehlerquote in Beruf und Alltag ansteigt, ist schon länger bekannt – was auf die eingeschränkte kognitive Leistung des Gehirns zurückzuführen ist. Denn: Kann sich das Gehirn nicht vollständig durch Schlaf erholen, hat dies direkte Auswirkungen auf die Tätigkeit des Nervensystems, wie bereits eine vergangene Studie nachweisen konnte.
Das hat auch nachgewiesene Effekte auf die Neuronen (Nervenzellen) im Gehirn, die unter anderem für das gesamte Verhalten, Empfindungen, Träume, Gefühle und die Persönlichkeit zuständig sind. Sind diese aber durch Schlafmangel nicht in Topform, hilft auch Koffein nur begrenzt: „Koffein mag die Fähigkeit verbessern, wach zu bleiben und sich einer Aufgabe zu widmen, aber es trägt nicht viel dazu bei, die Art von prozeduralen Fehlern zu verhindern, die Dinge wie medizinische Fehler und Autounfälle verursachen können“, ergänzt Fenn weiter.
Ausreichend Schlaf steht noch immer an erster Stelle
Damit lässt sich zwar eine positive Wirkung von Koffein auf den Wachzustand nachweisen, ein Wundermittel gegen Schlafmangel und eine geringere Konzentrationsfähigkeit ist es aber dennoch nicht: „Koffein erhöht die Energie, reduziert die Schläfrigkeit und kann sogar die Stimmung verbessern, aber es ersetzt auf keinen Fall eine volle Nacht Schlaf. Auch wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie den Schlafmangel mit Koffein bekämpfen können, wird ihre Leistung bei Aufgaben auf höherer Ebene wahrscheinlich beeinträchtigt sein. Das ist einer der Gründe, warum Schlafentzug so gefährlich sein kann“, fasst Fenn zusammen.
Daher sollten vor allem Berufsgruppen, die komplexe Aufgaben unter Einsatz von unzureichendem Schlaf erledigen müssen, nun vermehrt im Fokus stehen. Betroffen wären etwa Chirurgen, Piloten und Polizisten, wobei hier Fehler mitunter sogar schwerwiegende Folgen haben können. Daher muss Schlaf zukünftig eine noch höhere Priorität eingeräumt werden, um derartige Risiken zu minimieren, betont das Forscherteam.
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