Der Hals kratzt, die Glieder schmerzen, man fühlt sich schlapp – die Diagnose Grippe kann sogar hartgesottene bis zu zwei Wochen ans Krankenbett fesseln. Durch bestimmte Verhaltensweisen schützt und schont sich der Mensch selbst. Forschern der Harvard Medical School ist nun ein Durchbruch im Verständnis der Kommunikation zwischen Körper und Gehirn während einer Infektion gelungen.
Kommunikation bisher unklar
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie das Gehirn eigentlich bemerkt, dass sich der Körper einen Virus eingefangen hat? Auch Wissenschaftler stellen sich seit geraumer Zeit dieser Frage. Eigentlich dachten sie, dass Botenstoffe, die sich am Ort der Infektion befinden, über das Blut zum Gehirn gelangen und dort schließlich für die Aktivierung gewisser Hirnbereiche sorgen. Bereiche, die dem Körper ein Krankheitsgefühl vermitteln und den Patienten zu einer Verhaltensanpassung motivieren – man bleibt im Bett, ruht sich aus und hat keinen Appetit.
Diese Aufgabe hatte man immer dem Signalmolekül Prostaglandin, das sich in infizierten Geweben befindet, zugeschrieben. Begründet wurde diese Theorie durch den Fakt, dass Medikamente wie Aspirin und Ibuprofen die Prostaglandin-Ausschüttung und auch das Krankheitsgefühl hemmen. Dies führte zur Annahme, dass das Gehirn durch Prostaglandine im Blut die Entstehung diverser Symptome während einer Infektion aktiviert.
Krankheitsgefühl erfolgt nicht durch EP3-Rezeptor
Das Forscherteam um Na-Ryum Bin zeigte, dass ein bestimmter Prostaglandin-Rezeptor namens EP3 für das Krankheitsverhalten verantwortlich ist. Er befindet sich an Nervenzellen im ganzen Körper und auch im Gehirn. In ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftler die EP3-Rezeptoren im Gehirn von Mäusen blockiert und die Tiere anschließend mit dem Grippe-Virus angesteckt. Die Nagetiere haben dennoch ihr Verhalten verändert – das zeigt, dass das Krankheitsverhalten nicht über diesen Prostaglandin-Signalweg im Blut ausgelöst wird.
Neuronen sind die Botschafter
Stattdessen sind die Wissenschaftler darauf gestoßen, dass spezielle EP3-enthaltende Neurone im Nackenbereich der Mäuse eine entscheidende Rolle spielen. Deren Äste reichen von den Mandeln bis hin zum Hirnstamm der Maus: über die Luft wird ein Keim aufgenommen und trifft dann auf die Mandeln. Diese lösen die Produktion von Prostaglandinen aus, auf welche die Neuronen wiederum antworten. Die Infektionswarnung gelangt entlang der Nervenzellen weiter zum Gehirn, wo bestimmte Verhaltensmuster ausgelöst werden.
Im Gegensatz zu einem Signalweg übers Blut kann dem Gehirn über die Neuronen die exakte Stelle der Infektion mitgeteilt werden. Da viele andere Typen von Neuronen auch Rezeptoren für Prostaglandine und ähnliche Immunsignale haben, gehen die Forscher davon aus, dass weitere derartige Mitteilungsnetzwerke bestehen könnten. Man denke hier zum Beispiel an Magen-Darm-Erkrankungen und die Übelkeit, die im Rahmen dieser ausgelöst werden.
Bessere Behandlung erwartet
Diese neu entdeckten Neuronen betreffen nur das Anfangsstadium der Grippe, in dem der obere Atemweg für etwa eine Woche betroffen ist. Wandert die Infektion im Laufe der Erkrankung weiter in Richtung Lunge, sorgt ein anderer Nerven-Übertragungsweg für das Krankheitsverhalten. Die Hemmung dieser beiden Signalwege in Kombination könnte in Zukunft einen wichtigen Schritt für die klinische Behandlung von grippalen Infekten bedeuten.
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