Per Kaiserschnitt geborene Kinder haben ein höheres Risiko, später verschiedenste Gesundheitsprobleme zu entwickeln. Ursache dafür ist womöglich, dass sie während der Geburt nicht mit wertvollen Bakterien der Mutter in Kontakt kommen. Forscher der Universität Utrecht gingen nun der Frage nach, ob Kaiserschnittkinder tatsächlich dauerhaft weniger Mikroben aufweisen – und entdeckten dabei eine Methode, mit der einem solchen Defizit vorgebeugt werden kann.
Bei der Geburt: Bakterien erobern das Neugeborene
In der Schwangerschaft kommen Föten noch kaum in Kontakt mit Bakterien oder anderen Mikroben. Das ändert sich erst bei der Geburt: Während sich das Kind durch den Geburtskanal zwängt, nimmt es die nützlichen Bakterien der Mutter auf, woraufhin sich die Mikroben im Körper des Kindes ansiedeln. Bei einer Geburt per Kaiserschnitt passiert das jedoch nicht. Dies könnte der Grund sein, warum Kaiserschnittkinder später mit einer etwas höheren Wahrscheinlichkeit fettleibig werden und an Asthma erkranken, wie einige Studien gezeigt haben. Doch haben diese Babys langfristig wirklich weniger Bakterien in ihrem Organismus? Oder gibt es eine Möglichkeit die Besiedlung durch Mikroben nach der Geburt noch aufzuholen?
Dauerhaft weniger Bakterien nach Kaiserschnitt?
Dieser Frage gingen die niederländischen Forscher in ihrer Studie nach. Dafür haben sie 120 Mütter mit ihren Neugeborenen über mehrere Wochen hinweg untersucht. Von Müttern und Kindern wurden regelmäßig Proben aus verschiedenen Körperregionen genommen, unter anderem aus Nase und Rachen, der Haut und dem Stuhl. Ziel war es festzustellen, wie sich die Bakterien in verschiedenen Körperpartien der Kinder ansiedeln und aus welchen Teilen des Organismus der Mütter sie stammen.
Das Ergebnis: Im Durchschnitt hatten alle Babys fast 60 Prozent ihrer Bakterien von der Mutter – unabhängig von der Art der Geburt. Bei Kindern, die per Kaiserschnitt auf die Welt kamen, stieg die Besiedlung durch Mikroben in den ersten Lebenstagen rasant an, sodass sich nach einem Monat kein Defizit im Vergleich zu den vaginal entbundenen Kindern zeigte.
Warum das Stillen entscheidend ist
Einige Unterschiede stellten die Experten dennoch fest: So fand man bei den vaginal entbundenen Kindern mehr Bakterien aus dem Geburtskanal und dem Darmtrakt der Mutter, während die Kaiserschnittkinder mehr Mikroben aus der Muttermilch aufwiesen. Damit Neugeborene nach einem Kaiserschnitt dennoch an wertvolle Bakterien gelangen, scheint also vor allem eines eine große Rolle zu spielen: das Stillen.
Doch auch häufiges Kuscheln ist sehr wichtig, erklärt Prof. Dr. Christoph Härtel, Direktor der Kinderklinik und Poliklinik des Universitätsklinikums in Würzburg, gegenüber dem Science Media Center. Über Hautkontakt kommen Babys nämlich ebenfalls in Berührung mit wichtigen Mikroben, sodass der Mangel an Bakterien nach der Geburt per Kaiserschnitt ausgeglichen werden kann.
Kann man durch Stillen Krankheiten vorbeugen?
Doch zeigt sich auch auf lange Frist ein Unterschied zwischen Kindern, die ihre Mikroben eher über die Muttermilch oder den Vaginaltrakt aufgenommen haben? Diese Frage beantwortet die niederländische Studie nicht. Prof. Dr. Christoph Härtel schlägt vor zukünftig zu erforschen, ob per Kaiserschnitt geborene Babys durch häufiges Stillen später auch ein geringeres Risiko für Asthma haben.
Um mögliche negative Folgen für die Gesundheit aufgrund des mangelnden Kontakts mit den Vaginalbakterien abzufedern, werden manche Babys nach dem Kaiserschnitt mit Vaginalflüssigkeit der Mutter eingerieben. Es kann jedoch sein, dass sich das Kind dabei gefährliche Viren einfängt. Außerdem wurde noch nicht nachgewiesen, ob diese Methode tatsächlich einen Nutzen bringt. Wie die Ergebnisse der Utrechter Forscher zeigen, könnte man die gewünschten Effekte womöglich auch ganz einfach durch das Stillen erzielen.
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