Infektionen mit harmlosen Coronaviren könnten die Immunität gegen SARS-CoV-2 verbessern – das zeigt eine neue Studie. Sie könnten sowohl vor Infektionen allgemein, aber auch gegen schwere Verläufe von Covid-19 schützen.
Erkältungen in der Kindheit helfen später im Leben
SARS-CoV-2, das neuartige Coronavirus, das die Welt seit Anfang 2020 in Atem hält, ist bei weitem nicht das einzige Coronavirus. Zu den bekannteren Coronaviren zählen SARS-CoV-1 und MERS, die Anfang der 2000er- und 2010er-Jahre in Asien und dem nahen Osten ausbrachen und jeweils rund 800 Todesopfer forderten. Allerdings gibt es auch zahlreiche ungefährlichere, saisonal auftretende Coronaviren, die meist bloß zu harmlosen Erkältungen führen. Sie infizieren vor allem junge Kinder in den ersten Lebensjahren. Nun fanden Forscher heraus, dass die Immunität, die meist nach mehreren Infektionen im Laufe des Lebens erworben wurde, als Erwachsener vor einem schweren Verlauf einer Erkrankung mit Covid-19 schützen könnte. Diese schützende Wirkung der „kreuzreaktiven Antikörper“ war schon lange von Wissenschaftlern diskutiert worden, jetzt wurde sie im Fachjournal „Nature“ erstmals dokumentiert.
Schutz ist von kurzer Dauer
Ein Team um Alexandra Trkola hat nun erforscht, wie sich diese in der frühen Kindheit erworbene Immunität auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 auswirkt. Hierfür untersuchten die Wissenschaftler der Universität Zürich zwei Arten von Blutproben auf Antikörper gegen einige der saisonalen Coronaviren: Die einen kamen von Personen, die vor der Pandemie Blut gespendet hatten. Eine zweite Tranche Blutproben stammte von Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Es kam heraus, dass diejenigen, die an Covid-19 erkrankt gewesen waren, weniger Antikörper gegen harmlosere Coronaviren im Blutserum hatten. Daraus schlussfolgerten die Forscher, dass eine vergangene Infektion mit einer der harmlosen Corona-Varianten vorübergehend vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen könnte. Dieser angenommene Schutz ist wahrscheinlich eher von kurzer Dauer, da Antikörper nach einer Infektion mit Coronaviren recht schnell wieder sinken. Die Studienautoren merken an, dass eine zugrundeliegende Immunität gegen Coronaviren auch die vielen asymptomatischen und leichten Covid-19-Fälle erklären würde.
Können SARS-CoV-2-Impfstoffe Erkältungen vorbeugen?
Das Forscherteam fand außerdem heraus, dass SARS-CoV-2-Infizierte weniger häufig hospitalisiert wurden, wenn sie hohe Antikörperwerte gegen die harmlosen Coronaviren aufwiesen. Laut Studienautorin Trkola weise das darauf hin, dass die Kreuzimmunität auch vor schweren Verläufen schützen könne. Fraglich ist jedoch noch, ob dies auch umgekehrt funktioniert – ob also eine Impfung gegen SARS-CoV-2 auch vor den saisonalen Coronaviren schützen könnte. Dies würde dazu führen, dass geimpfte Kinder in der nächsten Erkältungssaison seltener einen Schnupfen bekämen. Allerdings infizieren die harmlosen Coronaviren vor allem sehr junge Kinder, für die derzeit noch keine SARS-CoV-2-Impfungen geplant sind.
Für Erwachsene ist die Kreuzresistenz also nur hilfreich, wenn sie sich bereits im jungen Kindesalter einige Male diverse Coronaviren und damit einhergehende Erkältungen eingefangen haben. Sollte die Kreuzresistenz aber in beide Richtungen gehen, könnten zum Beispiel SARS-CoV-2-Impfungen bis zu einem gewissen Grad auch vor Erkältungen schützen.
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