Bei einer Studie verglichen deutsche Forscher der Universität Jena kürzlich insgesamt 10.000 Genomsequenzen von SARS-CoV-2 und kamen dabei zu einem besorgniserregenden Ergebnis: Das Genom des Virus umfasst ungefähr 30.000 Basen und reiht sich damit auf Platz 1 aller bekannten RNA-Viren. Insgesamt mutiert es somit etwa 23-mal im Jahr, wobei aber nicht alle Mutanten überleben. Mittlerweile haben sich jedoch acht Hauptlinien gebildet, von denen vier bereits in Thüringen nachgewiesen werden konnten.
Covid-19 verändert sich häufig
Bei der Untersuchung wurde anhand der verglichenen Proben berechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit auf neue Virusmutationen bei Covid-19 ist. Dabei wurden die weltweit gesammelten Stichproben mit denen aus Thüringen verglichen, um ein genaueres Bild zu bekommen. „Das Virus verändert sich, wie es statistisch zu erwarten ist: Es mutiert fröhlich vor sich hin.“, so Forschungsleiter Dr. Christian Brandt zu den Studienergebnissen. Das einzig Positive: Es sind noch nicht alle Mutationen in Deutschland vertreten. Allerdings konnten insgesamt acht Hauptlinien von SARS-CoV-2 ausgemacht werden, die sich hierzulande bereits verbreitet haben.
Impfung fördert Virusmutationen
Durch die gestarteten Impfkampagnen in Europa könnte es aber rasch zu einer Ausbreitung der hochfrequenteren Abstammungslinien kommen. Denn die Impfung erhöht den Selektionsdruck auf den Virus selbst: Sobald der Impfstoff gegen eine gewisse Abstammungslinie oder Mutation immunisiert, überlebt folglich eine andere Variante, die dagegen immun ist. Deshalb gehen die Wissenschaftler aus Thüringen bereits davon aus, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich die hochfrequenten und resistenten Varianten weltweit immer weiter ausbreiten werden.
Datenpool soll Mutationen besser aufdecken können
„Umso wichtiger ist bei den derzeitigen Inzidenzen eine engmaschige molekulargenetische Überwachung des Infektionsgeschehens.“, schlägt indes Prof. Dr. Mathias Pletz vor, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena. Daher will die Forschungsgruppe nun jede Woche mindestens 24 zufällig ausgewählte Proben von Corona-Infizierten in den internationalen Datenpool hinzufügen. Das deckt auch mögliche Mutationen und deren Verbreitung auf und hilft im Falle schneller Gegenmaßnahmen einleiten zu können.
Erst der Anfang
Nach derzeitigem Wissensstand gehen Experten davon aus, dass wir erst am Anfang der Bekämpfung von SARS-CoV-2 stehen. Die zwei neuen Varianten aus Großbritannien und Südafrika zeigen, wie schnell sich Mutationen in kürzester Zeit – zuerst auch unbemerkt – verbreiten können. Zudem besteht die Gefahr, dass eine Mutation gänzlich gegen einen Impfstoff resistent wird, was ein Ende der Pandemie weiter verzögern würde. Bei Influenzaviren etwa gibt es ein internationales Überwachungssystem, das dabei hilft, die Impfstoffe jedes Jahr anzupassen. Auch bei Corona wird nach diesem Vorbild ein System verlangt, das eine bessere Überwachung zulässt.
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