Im Winter ist man öfter krank als im Sommer bzw. tauchen im Winter vermehrt Krankheiten auf, die im Sommer nicht zu finden sind. Forscher glauben nun, dass sie die Antwort für dieses Phänomen gefunden haben. Im Fachjournal „Nature Communications“ berichten Forscher, dass sich das Immunsystem wahrscheinlich den Jahreszeiten anpasst.
Laut den Experten verändere sich jedes vierte Gen je nach Saison. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass die Menschen im Winter häufiger krank sind und in den Sommermonaten bestimmte Krankheiten weniger häufig oder nicht so schlimm auftreten.
Die Jahreszeit bestimmt die Veränderungen
Dass Herz-Kreislauf- und Autoimmunerkrankungen wie Diabtes Typ1 und Multiple Sklerose je nach der Jahreszeit variieren, ist schon länger bekannt. Ähnliches gilt für psychische Erkrankungen. Zudem verändert sich der Vitamin D-Haushalt des Körpers im Verlauf des Jahres. Eine Studie der Universität Cambridge zufolge könnten all diese Veränderungen mit einem jahreszeitlichen variablen Immunsystem zusammenhängen.
Das Team um den Genetiker John Todd fand heraus, dass mehr als 5.000 von 22.822 untersuchten Genen im menschlichen Erbgut langfristig ihre Aktivität ändern. Das bedeutet, dass manche im Sommer aktiver sind und andere wiederum im Winter. Diese Veränderung der Aktivität hat Auswirkungen auf die Zellen, die für die Immunabwehr zuständig sind. Außerdem hat es einen Effekt auf die Zusammensetzung des Blutes und des Fettgewebes.
Erkenntnis hat Einfluss auf Therapien
John Todd erklärte in einer Mitteilung, dass die Entdeckung zwar auf den ersten Blick offensichtlich wirkt, aber auch erklärt, wieso sich so viele körperliche und psychische Probleme im Winter verschlimmern. „Niemand hätte allerdings mit dem Ausmaß gerechnet, mit dem sich das Immunsystem verändert.“ Die Erkenntnisse dieser Studie könnten demnach Einfluss auf Therapien etwa zur Behandlung von Diabetes Typ 1 haben und sich auch auf die Planung von zukünftigen Studien auswirken.
Es wurden Blut- und Fettgewebe-Proben von mehr als 16.000 Menschen genommen. Die Probanden kamen aus Großbritannien, den USA, Island, Australien und Gambia. Es wurde dabei mit einer Vielzahl von Methoden die Aktivität ausgewählter Gene in bestimmten Zellen oder Geweben analysiert.
Nördliche oder südliche Gene
Die 5000 Gene, die je nach Jahreszeit unterschiedlich aktiv sind, zeigten dabei gegensätzliche Muster. Das hing damit zusammen, ob jemand aus dem Norden oder dem Süden stammte.
Die Proben aus Gambia enthielten eine besonders hohe Zahl von Immunzellen im Blut, wenn sie während der Regenzeit (Juni bis Oktober) entnommen worden sind. In diesen Monaten sind Infektionskrankheiten, speziell jene, die durch Moskitos übertragen werden, in dem afrikanischen Land sehr verbreitet.
Gen ARNTL und Impfungen im Winter
Für die Forscher war vor allem das Gen ARNTL (Aryl Hydrocarbon Receptor Nuclear Translocator-Like Protein) interessant. Zumindest bei Mäusen unterdrückt es als Reaktion auf Infektionen Entzündungen und war im Sommer aktiver als im Winter. Daraus schließen Forscher, dass wenn ARNTL beim Menschen auf ähnliche Weise wirke, man mit dieser genetischen Funktion eine ganze Reihe von Krankheiten effektiver behandeln könne.
Des Weiteren fanden sie heraus, dass Impfungen im Winter effektiver seien, da die Gene, die für die individuellen Reaktionen auf Impfungen verantwortlich sind, in der kalten Jahreszeit aktiver seien und das Immunsystem bereits „vorbereitet“ sei und daher besser reagiere.
Dennoch ist noch unklar wie das Zusammenspiel von Jahreszeit und Immunsystem genau funktioniert. Die Forscher vermuten jedoch, dass das Tageslicht und Umgebungstemperatur entscheidende Faktoren sein könnten. Für den britischen Immunbiologen Mike Turner steht vor allem eine Erkenntnis im Vordergrund: „Ein mögliches Ergebnis ist, dass die Behandlung bestimmter Krankheiten effektiver werden könnte, wenn sie auf die Jahreszeiten abgestimmt wird.“
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