Niederländische Daten belegen, dass ältere Frauen mit Mammakarzinomen nicht mehr so häufig operiert werden wie das noch vor 15 bis 20 Jahren der Fall war. Dies berichtet die ÄrzteZeitung. Interessant dabei ist, dass diese Tatsache an den durchschnittlichen Überlebenschancen der Frauen offenbar nichts geändert hat.
Dennoch wird jetzt diskutiert, ob diese Vorgehensweise als positiv zu beurteilen ist. Denn in den Leitlinien der International Society of Geriatric Oncology steht ebenso wie in der European Society of Breast Cancer Specialists geschrieben, dass Patientinnen über 70 Jahren die gleiche chirurgische Behandlung angeboten werden sollte wie jüngeren.
Studie aus den Niederlanden unter 26.000 Brustkrebspatientinnen
Eine Studie aus den Niederlanden zeigt nun aber, dass diese Grundsatzempfehlung nicht immer eingehalten wird. Studienautorin Nienke de Glas vom Department of Surgery am Leiden University Medical Centre hatte dabei, zusammen mit Chirurgen und Onkologen, Daten von 26.000 Frauen über 75 Jahren mit Tumoren in den Stadien I bis III unter die Lupe genommen.
Bei all diesen Patientinnen war zwischen 1995 und 2011 Brustkrebs diagnostiziert worden. Die Ergebnisse zeigten, dass im Jahr 1995 noch 90,8 Prozent der Frauen operiert wurden, während im Jahr 2011 nur noch bei 69,9 Prozent der Patientinnen ein operativer Eingriff stattfand.
Brusterhaltende Therapie gilt heute als Standard
Den Leitlinien entsprechend besteht die Behandlung bei Brustkrebs primär in einer Brusterhaltenden Operation. Grosse Tumore können dabei unter Umständen mittels vorhergehender medikamentöser Chemotherapie behandelt und verkleinert werden.
Nach der Operation kann eine Bestrahlungstherapie der Brust angewendet werden, um das Risiko eines Rückfalles für das verbliebene Gewebe zu minimieren. Weniger häufig ist eine Mastektomie notwendig, bei der die Brust operativ entfernt wird. Auch darauf folgend wird in manchen Fällen eine Strahlentherapie angewendet.
Deutlich weniger Operationen bei Frauen über 90 Jahren
Unverändert lag die Quote der Operationen bei Frauen zwischen 75 und 79 Jahren bei knapp unter 100 Prozent.
Bei über 90-jährigen Frauen sank die Quote der Operationen aber eklatant. Wurden damals noch etwa 80 Prozent chirurgisch behandelt, sank diese Quote bis 2011 auf 30 Prozent. Das heisst, dass eine Operation mit zunehmendem Alter der Frauen häufiger entfiel. Auch bei den Zahlen der primär endokrinen Behandlungen spiegelt sich dieser Trend wider.
Die Quote der endokrinen Behandlungen bei älteren Patientinnen betrug 1995 bei 7,1 Prozent, während dieser Wert im Jahr 2011 bei 27,3 Prozent lag.
Auffällig sei laut der niederländischen Studie auch hier der Alterseffekt. So wurden 2011 ca 70 Prozent der über 90-jährigen primär endokrin therapiert, 1995 wurden hingegen nur 20 Prozent der betroffenen Frauen auf diese Weise behandelt.
Kein Einfluss auf die durchschnittliche Überlebensrate der Patientinnen
Festgestellt wurde aber auch, dass sich die Verlagerung von chirurgischer Behandlung zu vermehrt endokriner Behandlung nicht auf das Gesamtüberleben auswirkte. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate lag im Mittel unverändert zwischen 50 und 60 Prozent.
De Glas kam daher zu dem Schluss: „Diese Studie hat gezeigt, dass Patientinnen mit respektablen Mammakarzinomen in den vergangenen 15 Jahren seltener operiert und öfter endokrin behandelt wurden, wobei ihr relatives und Gesamtüberleben unverändert blieben.“
Trotzdem sei dieses Ergebnis nicht durchwegs als positiv zu beurteilen, da sich die Überlebenschancen jüngerer Brustkrebspatientinnen in den vergangenen Jahren erhöht hätten. Laut den Wissenschaftlern deute dies im Zusammenhang mit den Resultaten der Studie darauf hin, dass ältere Patientinnen zu wenig Therapie erhalten würden.
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