Angesichts der aktuellen Zinslage fordern immer mehr Experten den Gesetzgeber auf den Rechnungszins der privaten Krankenversicherungen zu senken. Von alleine werden die Versicherungen ihren Zins nicht senken, weil es ihnen im Wettbewerb einen Nachteil einbringen würde, da dadurch die Prämien steigen würden.
Wer Mitglied in der privaten Krankenversicherung wird, muss selbst in jungen Jahren über seine Beiträge Altersrückstellungen bilden, diese sollen die Beiträge im Alter drücken und so vor großen Beitragssprüngen schützen. Doch die derzeitigen Altersrückstellungen werden wohl kaum ausreichen, wie Experten jetzt warnen.
Zins seit Jahrzehnten nicht verändert
Das hat in erster Linie auch mit dem derzeitigen niedrigen Zinsniveau zu tun, wie auch der Experte Prof. Dr. Jürgen Wasem, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinmanagement an der Uni Duisburg- Essen in einem aktuellen Interview mit dem Wirtschaftsblatt „Handelsblatt“ betonte. Die Altersrückstellungen sollen ja nicht nur angespart werden, sondern auch verzinst werden, so Wasem.
Der Rechnungszins der privaten Krankenversicherung liegt allerdings schon seit mehreren Jahrzehnten bei 3,5 Prozent und wurde auch trotz der aktuellen Zinsentwicklung nicht von der privaten Krankenversicherung verändert. Daher werden es viele private Krankenkassen schwer haben, diesen Zins zu erwirtschaften, gibt der Professor zu bedenken.
Rechnungszins auf 2,5 Prozenten absenken
Bis zum heutigen Tage dachten die privaten Krankenversicherungen gar nicht daran den Rechnungszins zu senken, immerhin würden sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden. Würden sie den Rechnungszins senken, müssten sie im Gegenzug die Prämien erhöhen. Doch nach Ansicht von Wasem werden Versicherungen es schwer haben den Zinsertrag zu erwirtschaften, vor allem weil kein Inflationsausgleich vorgesehen ist.
Aus diesem Grund spricht sich der Professor, wie auch schon andere Experten vor ihm, für eine Absenkung des Rechnungszinses aus. Eine ähnliche Situation haben auch die Lebensversicherungen durchgemacht, ihr Rechnungszins liegt mittlerweile bei 1,75 Prozent. Bei den privaten Krankenversicherungen dürfte eine Absenkung auf 2,5 Prozent allerdings ausreichen, so der Experte.
Gesetzgeber muss eingreifen
Sollten sich die Versicherungsunternehmen allerdings zu diesem Schritt entscheiden, wären Beitragssteigerungen für die Versicherten im zweistelligen Prozentbereich die Folge, prognostiziert Wasem. Aber auch Neukunden müssten höhere Beiträge zahlen, was sich negativ auf das Neukundengeschäft auswirken würde.
Doch nach Ansicht Wasems bleibt den privaten Krankenkassen gar keine andere Wahl, wenn sie mit dem demografischen Wandel schritthalten wollen und ihren älteren Versicherten bezahlbare Prämien anbieten möchten. Allerdings ist wohl kaum zu erwarten, dass die privaten Krankenversicherungen, aufgrund des Wettbewerbs, ihren Rechnungszins selbst senken werden, daher muss die Bundesregierung hier eingreifen, so Wasem.
Thomas Ludolph
11.07.2012 16:52Die derzeitige Diskussion um eine Anpassung des Rechnungszinses in der PKV, wird bei der zu erwartenden Umsetzung zwangsläufig zu einer Beitragserhöhung in allen PKV Tarifen führen.
Je niedriger der rechnerisch zugrunde gelegte Zinssatz, desto weniger rechnungsmäßige Zinserträge kommen der PKV-Alterungsrückstellung zugute und desto höher müssen dann die Zuführungen zu den Alterungsrückstellungen aus den PKV-Beiträgen sein. Der medizinische Fortschritt zum Beispiel in der Intensivmedizin in Verbindung mit steigender Lebenserwartung, sind weitere in der Vergangenheit nicht ausreichend berücksichtigte Kriterien, die sich in den Beitragserhöhungen der Zukunft niederschlagen werden. Die PKV-Versicherer werden zukünftig trotzdem weiterhin Gewinne erzielen. Die Beitragsanpassungsklausel in der PKV macht dies möglich. Die Zeche zahlen nicht die Versicherungsmanager in Folge nicht ausreichender Kalkulationsgrundlagen ihrer PKV-Tarife, sondern wie immer, die PKV-Versicherten. Zumindest sollte der Gesetzgeber der Neuauflage von PKV-Tarifen durch die Versicherer einen Riegel vorschieben. Damit wären die privaten Krankenversicherer zwangsläufig zu einer langfristig angelegten Kalkulation der Tarife gezwungen. Eine Zusammenlegung der Versichertenkollekive innerhalb der Unternehmen bedarf einer Gesetzesänderung.