Es gibt auf dem deutschen Arzneimittel- Markt noch immer gut 50 Prozent an Medikamenten die nicht an Kindern und Jugendlichen getestet wurden. Besonders gravierend ist die Lage bei älteren Medikamenten.
Kinder werden besonders häufig krank und müssen dann in vielen Fällen auch Medikamente einnehmen. Nur das Problem: Die Hälfte aller Medikamente die junge Menschen einnehmen wurden nicht für ihre Altersgruppe getestet. Ganz besonders betrifft es ältere Wirkstoffe. Daher gibt es seit fünf Jahren eine EU- Richtlinie die die Pharmaunternehmen in die Pflicht nimmt. Erste Fortschritte scheinen sich abzuzeichnen.
Die Richtlinie der Europäischen Union besagt, dass alle Medikamente auch an Kindern geprüft werden müssen, sonst gibt es keine Zulassung. Die Richtlinie gilt für alle Mitgliedsstaaten. Dies gilt für alle Medikamente, ausgenommen sind lediglich Generika, also wirkstoffgleiche Nachmachmedikamente.
Oft Schuss ins Blaue
In der Vergangenheit mussten Medikamente nur registriert werden, bevor sie auf dem Markt kamen, dann ereignete sich der größte Medikamenten- Skandal der deutschen Geschichte: Der Contergan- Skandal. Erst dann wurden Prüfungen auf die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Medikaments vorgeschrieben, bevor es zugelassen werden durfte.
Trotz der aktuellen EU- Richtlinie ist jedes fünfte auf dem Markt befindliche Medikament nicht an Kindern und Jugendlichen getestet worden. Das bedeutet im Umkehrschluss, verordnet ein Kinderarzt ein Medikament, ist das nicht selten ein Schuss ins Blaue. Mehr als die Hälfte der Medikamenteneinsätze bei Kindern erfolgen also ohne Zulassung.
31 Neuzulassungen bei Kinderkrankheiten
Diese Zahlen veröffentlichte die Arzneimittelagentur EMA fünf Jahre nach Inkrafttreten der EU- Richtlinie. Im Juni dieses Jahres zog die Europäische Kommission Bilanz und legte einen ersten Forschungsbericht vor. Bis zum Jahr 2012 hat die EMA 600 pädiatrische Prüfkonzepte genehmigt. 33 Prüfungen wurden in der Zwischenzeit schon abgeschlossen.
31 von 152 Neuzulassungen waren den Angaben zufolge für Kinder und Jugendliche. Zudem wurden 72 bereits für Erwachsene zugelassene Medikamente nachträglich auch für Kinder zugelassen. Allerdings kritisieren Experten die Medikamentenzulassungen für Kinder als zu gering. Experten zufolge greife die EU- Richtlinie zu kurz, weil alteingeführte Medikamente unangetastet bleiben.
Situation besonders bei schweren Erkrankungen heikel
Besonders bei schweren Erkrankungen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, gibt es zu wenige Medikamente, die auch an Kindern getestet wurden. Während es für weitverbreitete Kindererkrankungen genügend Medikamente gibt, stehen für seltene und schwere Erkrankungen von Kindern nur wenige Medikamente zur Verfügung und die Mediziner müssen experimentieren.
Die meisten Experimente finden dabei auf Intensivstationen statt, die Rate ist auf den Neugeborenen- Intensivstationen mit 90 Prozent am Höchsten. Wenn also ein Kind ein Medikament benötigt, das nicht für seine Altersgruppe getestet wurde, muss der behandelnde Arzt dies auf seine Kappe nehmen.
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