In erster Linie für besonders HIV-gefährdete Personen wäre es ein deutlicher Fortschritt: Statt täglich Tabletten zu sich nehmen zu müssen, könnte eine Depotspritze diese Menschen über mehrere Monate hinweg vor einer Ansteckung schützen. Dass diese Form der Prävention funktioniert, zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie an Affen.
Eine sogenannte Präexpositions-Prophylaxe, also die vorbeugende Gabe von Arzneimitteln, soll Menschen mit erhöhtem HIV-Ansteckungsrisiko – zum Beispiel Partner von Aids-Patienten – vor der gefährlichen Infektion schützen. Allerdings müssen sie dazu jeden Tag Medikamente nehmen, schreiben um David Ho von der Rockefeller University in New York im Fachblatt „Science“.
Viele halten das über lange Sicht gesehen nicht durch, bei unregelmäßiger Einnahme dieser Medikamente leidet aber die Wirksamkeit der Prophylaxe deutlich. Eine so genannte Depotspritze für diverse Monate könnte den Schutz deutlich verbessern – zumindest bis es eine wirksame Impfung gegen den HI- Virus gibt.
Neun Wochen hielt der Schutz an
Die Wissenschaftler Team testeten in der aktuellen Studie den Wirkstoff GSK744, der dem kürzlich zugelassenen HIV-Medikament Dolutegravir gleicht. Er hemmt ein Virusenzym und verhindert dadurch, dass sich das Virus weiter vermehrt. Acht Affen bekamen im Rahmen der Studie das Mittel zweimal im Abstand von einem Monat. Dann erhielten die Tiere pro Woche eine Dosis SHIV – einen Virustyp, der diverse Teile des HI-Virus und des Affenerregers SIV enthält.
In den folgenden neun Wochen stellten die US- amerikanischen Wissenschaftler bei keinem der Tiere eine entsprechende Infektion fest. Im Gegensatz dazu infizierten sich allerdings sämtliche Tiere aus der Kontrollgruppe, die das Mittel nicht erhalten hatten.
Mittel wird sehr schnell abgebaut
Ein weiteres Experiment ermittelte zudem, wie lange die Wirkung der Spritze in den Tieren anhielt. Wie die Forscher erwarteten hatten, sank der Schutz mit nachlassender Konzentration des Wirkstoffs im Plasma. Durchschnittlich infizierten sich die Affen nach ungefähr zehn Wochen.
Da das Mittel bei den Versuchstieren besonders rasch abgebaut wird, gehen die US- Forscher davon aus, dass die Wirkung beim Menschen länger anhalten dürfte. Für einen wirksamen Schutz reiche eine Spritze alle drei Monate aus, schreiben die Wissenschaftler in ihrem aktuellen Bericht.
„Das ist das Aufregendste, was ich derzeit von HIV-Präventionsstudien kenne“, erklärte der US- amerikanische Virologe Robert Grant von der University of California in San Francisco, der an der aktuellen Studie jedoch nicht beteiligt war, laut einem Bericht von „Science“-Korrespondent Jon Cohen.
Diverse Spritzen nötig
Philip Johnson von Children’s Hospital in Philadelphia (US-Staat Pennsylvania) gibt jedoch in einer aktuellen Stellungnahme zu bedenken, dass auch ein Depotpräparat wie GSK744 im Laufe eines Menschenlebens diverse Male gespritzt werden müsste.
Er selbst arbeitet schon eine geraume Zeit an einer Gentherapie, bei der ein Virus genetisch so verändert wird, dass es ständig einen Antikörper gegen das HI- Virus bildet. „Unser Ziel ist: Eine Spritze, ein Zusammentreffen, und das war’s“, erklärt er zum Abschluss seiner Stellungnahme.
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