Das „Lancaster Syndrom“ hat große Ähnlichkeiten mit der „Amyotrophen Lateralsklerose“ (kurz ALS).
Das „Lancaster Syndrom“ erlangte durch die beliebte deutsche Vorabend-Serie Gute Zeiten, schlechte Zeiten Bekanntheit. In der Daily Soap des Senders RTL erhält die Figur „Till“ (gespielt von Merlin Leonhardt), oder auch „Bommel“ genannt, die niederschmetternde Diagnose, nachdem er plötzlich auf dem Fahrrad zusammengebrochen war und danach anhaltende Schmerzen in der Hand verspürte. Nach dem ersten Schock hofft der lebensfrohe Till auf eine effektive medizinische Behandlung, doch „Dr. Philipp Höfer“ (Jörn Schlönvoigt) erklärt ihm, dass der Kampf aussichtslos sei. Die seltene Nervenkrankheit sei unheilbar und eine Therapie somit unmöglich. Für ihn und seine Freundin „Katrin“ (Ulrike Frank), die erst kürzlich wieder zueinander gefunden hatten, eine entsetzliche Situation.
Die schwere, von den Serienautoren erfundene Krankheit raubt nach und nach die Kontrolle über den eigenen Körper. Alle Bewegungsabläufe werden durch Nervenimpulse über das Gehirn gesteuert. Beim Lancaster-Syndrom sterben die zuständigen Gehirnzellen immer weiter ab und können die Impulse nicht mehr weiterleiten. Somit verkümmern die Nervenbahnen und die Muskelgruppen können ihren Dienst nicht mehr verrichten. Der Patient verliert Stück für Stück die Macht über seinen eigenen Körper. Daher stellt die Diagnose auch eine immense psychische Belastung dar, besonders weil die fiktive Krankheit so zwangsläufig immer zum Tod führt.
Das Krankheitsbild des „Lancaster Syndroms“ stimmt teils mit dem der „Amyotrophen Lateralsklerose“ (kurz ALS) überein, was darauf schließen lässt, dass ALS hier als Vorlage diente. Amyotrophe Lateralsklerose ist eine „degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, die die Funktion der oberen und unteren Motoneurone beeinträchtigt. Betroffene leiden unter progressiver Muskelschwäche, die ihre Lebensqualität stark einschränkt. Die mittlere Überlebenszeit beträgt weniger als fünf Jahre und viele ALS-Patienten versterben an Atemversagen. Die Ätiologie der Erkrankung ist derzeit unbekannt; eine kausale Therapie ist nicht verfügbar.“
ALS zeigt sich hauptsächlich bei älteren Menschen und bei Männern etwas häufiger als bei Frauen. Die meisten Fälle treten sporadisch auf, eine entsprechende familiäre Vorbelastung ist nur bei 10% der Fall. Je jünger ein Patient beim Ausbruch der Krankheit ist, desto langsamer schreitet sie voran. Somit ist die durchschnittliche Lebenserwartung höher. Grundsätzlich entwickelt sich ALS aber stets schleichend, der Großteil der Betroffenen klagt über eine zunehmende Schwäche in den Extremitäten, die mit einem fortschreitenden Muskelschwund verbunden ist. Faszikulationen und spastische Bewegungen sind hier häufig zu beobachten. ALS kann aber auch alle anderen Muskelgruppen betreffen und beispielsweise zu funktionellen Defiziten der Augenmuskulatur bis hin zur Lähmung dieser führen. Eine geschwächte Nackenmuskulatur und Schluckstörungen können ebenfalls auftreten, die Folgen für den Patienten sind damit fatal, denn er ist auf ständige Hilfe angewiesen. Zudem besteht aufgrund der schwachen Atemmuskulatur häufig eine respiratorische Insuffizienz, der Patient kann ab einem bestimmten Punkt also nicht mehr selbstständig atmen. Ungefähr ein Drittel der Betroffenen leidet schon bei Erstvorstellung an Sprechstörungen oder neurologischen Störungen, ein weiteres Drittel erleidet diese Symptomatik jedoch erst später.
Das fiktive „Lancaster Syndrom“ beschreibt die gleiche Problematik, denn auch hier kann der Betroffene seinen Körper nicht mehr steuern und verliert nach und nach nicht nur seine Bewegungsfähigkeit, sondern jegliche Kontrolle über seine Körperfunktionen. Die Konsequenz ist die totale Abhängigkeit von Maschinen, die eine Versorgung mit Nahrung und Sauerstoff sicherstellen, sowie von anderen Menschen, die sich rund um die Uhr um die Bedürfnisse des Patienten kümmern. Selbständigkeit und -bestimmtheit sind in keiner Hinsicht mehr möglich und am Ende kostet die Krankheit das Leben. Die Diagnose verändert das Leben der Betroffenen somit dramatisch. Der Serie „GZSZ“ verleiht der Einbezug eines solch tragischen Schicksals natürlich Spannung und eine Menge Emotion. Die Zuschauer leiden mit Katrin und ihrem Till, dessen Serientod mit der Diagnose garantiert ist.
Auch wenn das „Lancaster Syndrom“ nur ausgedacht ist, ist das Krankheitsbild leider Realität. Die Symptomatik der schwindenden Körperkontrolle geht mit zahlreichen Krankheiten einher und macht ein „normales“ Leben unmöglich. Hier hätten sich die Serienautoren auch durchaus eines existenten Leidens bedienen können.
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