Erkennt ein Mediziner die Schweinegrippe nicht, muss er nicht dafür haften. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht in Hamm.
Mediziner sollten sich schon mit Krankheiten und ihren Symptomen auskennen. Doch viele Krankheiten haben die gleichen Symptome. In einigen Fällen haftet daher der Mediziner nicht, wenn er eine Krankheit nicht erkennt, wie zum Beispiel bei der Schweinegrippe. Das bestätigt nun auch das Oberlandesgericht in Hamm.
Im konkreten Fall suchte ein Patient im Alter von 39 Jahren einen Arzt auf, weil er sich unwohl fühlte und zudem unter Husten und Fieber litt. Der Arzt diagnostizierte daraufhin eine grippale Atemwegsinfektion und akute Bronchitis und verordnete dem Mann verschiedene Medikamente. Da sich keine Besserung einstellte, suchte der Patient den Arzt in der Folgewoche abermals auf.
Krankehaus gegen ärztlichen Rat wieder verlassen
Beim letzten Arztbesuch verordnete er dem Patienten Antibiotika und ein Beruhigungsmittel. Am Abend vor dem letzten Artbesuch, sucht der Mann ein Krankenhaus auf. Die Mediziner dort diagnostizierten eine Lungenentzündung und wollten den Mann stationär aufnehmen. Gegen den ausdrücklichen ärztlichen Rat verließ der Mann aber wieder das Krankenhaus.
Am Abend nach der letzten Behandlung begab sich der Mann abermals in ein Krankenhaus. Dieses Mal wurde er stationär ausgenommen. Wenige Stunden später musste der Patient für die Dauer von etwa fünf Wochen künstlich beatmet werden. In dem Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte eine Infektion mit dem Schweinegrippenvirus H1N1.
Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro gefordert
Zu den Folgen dieser Infektion zählen neurologische Ausfälle und eine mehrmonatige Krankenhausbehandlung mit anschließender Reha. Wegen fehlender hausärztlicher Behandlung forderte der Mann nun von seinem Arzt Schadensersatz, insbesondere Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro.
Der Kläger war der Meinung, der Arzt hätte ihn nicht ausreichend untersucht, fehlerhafte Medikamente verschrieben und es versäumt, ihn rechtzeitig in ein Krankenhaus einzuliefern. Doch die Richter sahen dies ein wenig anders. Die Richter kamen nach Anhörung der medizinischen Sachverständigen zu dem Schluss, dass der Arzt seinen Patienten korrekt untersucht und behandelt hatte.
Lungenentzündung kann auch zu Hause behandelt werden
Auch dass der Mann bei seinem dritten Besuch sofort in ein Krankenhaus hätte eingewiesen werden müssen, konnten die Richter nicht feststellen. Lungenentzündungen, bei denen keine zunehmende Atem- und Luftnot bestehe, werden in der Regel zu Hause behandelt, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung.
Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei zudem erst am Abend des Tages eingetreten, als sich der Mann zum zweiten Mal in ein Krankenhaus begab. Auch die künstliche Beatmung war erst mehrere Stunden nach seinem Krankenhausaufenthalt nötig geworden, so die Richter zum Abschluss. (AZ: 3 U 23/13)
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